Vielen Dank für diesen schönen Beitrag zur Demokratiefrage bei CETA. Ich finde diese hängt noch mit einer vielleicht etwas weniger beachteten Fragestellung zusammen: Für gewöhnlich haben wir bei CETA ja die Frontstellung zwischen der Kommission, die stets für das (freilich auch von ihr ausgehandelte) Abkommen ist und diversen anderen, die Bedenken haben, die dann in der Regel als europaskeptisch charakterisiert werden. Was dabei zu kurz kommt, ist m.E. die Frage, welchen Freihandel der AEUV überhaupt anvisiert. Denn die Kommission wird im Rahmen der GHP nicht einseitig auf Ricardos Prinzip komparativer Kostenvorteile verpflichtet (auch wenn sie das vielleicht manchmal denkt). Das Handeln der Union auf internationaler Ebene wird vielmehr gemäß Art. 205 AEUV „von den Grundsätzen bestimmt, von den Zielen geleitet und an den allgemeinen Bestimmungen ausgerichtet, die in Titel V Kapitel 1 des Vertrages über die Europäische Union niedergelegt sind.“ Das sind nach Art. 21 Abs. 1 EUV u.a. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte, die Grundsätze des Völkerrechts, nachhaltige Entwicklung und Umweltschutz. Diese Vorgaben sind, dies hat jüngst Markus Krajewski umfassend und überzeugend ausgearbeitet, rechtlich verbindlich (Krajewski, Normative Grundlagen der EU-Außenwirtschaftsbeziehungen: Verbindlich, umsetzbar, und angewandt?, EuR 2016, 235 (243f.)). „Die damit systemisch angelegte Politisierung der Gemeinsamen Handelspolitik wird durch das durch den Vertrag von Lissabon deutlich aufgewertete Kohärenzgebot in Art. 21 Abs. 3 Unterabs. 3 EUV n.F. nochmals intensiviert“ (Tietje, Die Außenwirtschaftsverfassung der EU nach dem Vertrag von Lissabon. Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht, Heft 83, 2009, S.19f.).
Angesichts dieses klaren Befundes sollten wir vielleicht jenseits der Kompetenzfragen und jenseits von Wallonien, die Debatten um den freien Handel auch nach Europa selbst tragen. Denn heterodox informierte Meinungen zur ökonomischen Sinnhaftigkeit von Schiedsklauseln haben nach dem AEUV dort ebenso Platz wie liberalere Positionen.
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Von: Johan Horst
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